Montag, 21. Dezember 2015

Ein wahres Märchen nicht nur zur Weihnacht

Von freundlichen Schildkröten, einem mächtigen Wal und einem mutigen Mammut

Heute haben wir die Ausstellung "Baumwelten" des Festivals KinderKunstKinder im Stadtmuseum Siegburg abgebaut.
Die Waldwesen kehren nun zu ihren Kindern zurück, die sie geschaffen haben.
Vielleicht bekommen sie einen Platz unter dem Tannenbaum oder am Bett; oder doch lieber draußen im Garten, wo sie wohl schnell wieder zu Natur werden?

KinderKunstKinder ist damit beendet, nach zwölf Jahren!
Ich hatte die große Ehre, mit den Kindern der Bonner Altstadt und einem Team engagierter Praktikantinnen und Helfern sowie in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern das Projekt im Auftrag der Bundesstadt Bonn aufzubauen und dabei zahlreiche Kunst- und Bildungseinrichtungen miteinander zu vernetzen. Als Projektleiterin und gleichzeitig Leiterin des Künstlerforums Bonn wollte ich dort auch Kinderkunst und Kinderkünstlern einen Raum geben - so wie es heute ganz selbstverständlich geworden ist.
Doch damals war der Anfang schwer - so wie es die Schildkröte, das erste Symboltier des Projekts, auch erst einmal nicht leicht hat, bevor ihr Panzer erhärtet und den nötigen Schutz gegen Feinde bietet. Feinde? Ja, leider mussten wir viele Schwierigkeiten auf uns nehmen, Hindernisse und Widerstände überwinden. Aber wir haben es geschafft, weil wir viel mehr Freunde und vor allem Freude bei der Sache hatten.
Die multikulturelle Altstadt, das Künstlerforum Bonn, der Spielplatz Heerstraße und viele andere Orte wie der benachbarte Kunstverein und das August Macke Haus, aber auch viele Läden, die von ihren Paten wie Kindergärten und Schulen immer neu gestaltete Altstadtpläne bekamen und diese in ihren Fenstern ausstellten, wo es dann für die Lösung einer Quizfrage einen Stempel in den "Schildkröten-Wanderpass" gab. Alles war voller Leben, voll kleiner, großer, wandernder, frecher, lustiger, aber vor allem friedlicher und freundlicher Schildkröten und ihren Kindern.
Die Hauptzeit war im Jahr 2004 und so, wie hier beschrieben. Das Projekt KinderKunstKinder ist also weder aus einer Initiative von Bonner Künstlerinnen im Jahr 2003 entstanden, noch wurde es erst im Jahr 2006 durch die Stadt Bonn initiiert.
Es war schon 2003, 2004 und 2005 ein Projekt der Bundesstadt Bonn, und wir waren stolz darauf und immer treu und loyal. Dieses war andersherum, von seiten der Auftraggeber, im Nachhinein leider nicht der Fall. Es tut weh, diskreditiert zu werden. Es hat mir geschadet, beruflich und persönlich. Und es war durch nichts gerechtfertigt und nicht gerecht!
Dennoch: gut, dass ich schon einige Erfahrungen im Vernetzen vieler Partner und im Bau von Tieren mitgebracht hatte. Es war nämlich einmal ein Wal, der nur wenige Jahre zuvor im Bonner Frauen Museum eingetaucht - oder aufgetaucht - war und dabei ganz keck seine Flosse aus dem Dach hervorstreckte, so dass alle Kinder vom benachbarten Spielplatz Heerstraße ihn sehen konnten.
Und so kamen sie in Scharen, bastelten Phantasieplankton, hängten es in die Barten aus Bambusvorhängen im riesigen Maul des Wals, das gleichzeitig der Eingang in seinen Bauch war. Dort sah man das Knochengerüst und die bunt bemalte Wirbelsäule aus Holz und darüber die Haut aus feinem, hell schimmernden Papier. Mit den klingenden Rippen aus gebogenen Rohren konnte man Musik machen. Der Wal aber schwebte im Raum und bewegte sich wie ein großes Schiff auf sanfter See; wir hatten ihn nämlich mit echten Schiffstauen an der Decke des Raums aufgehängt. Um den Wal herum gab es eine Ausstellung mit Ergebnissen aus vielen Workshops an Schulen, Heimen und von Vereinen, zum Beispiel gegen die Abschiebung von Flüchtlingen, oder von der Initiative "Steh' auf! Gemeinsam gegen Fremdenfeindlichkeit". Der Wal war ein Symbol für "Migration", also Wanderung, genauer Aus- und Einwanderung und auch für Flucht, was damals schon ein großes Thema war. Der Wal steht für das Wandern zwischen den Welten, weil er als einziges Säugetier, das ganz im Meer lebt, zum Atmen auftauchen muss. So lebt er sowohl im Wasser also auch in der Luft und ist in beiden Welten zuhause - oder ist er etwa nirgends wirklich daheim? Die Ausstellung hieß deshalb: "Walheimat". Zur Eröffnung gab es blaues, süßes Meerwasser, eine Waltaufe, und es sang der Fischchor, so wie es sich eben gehört. Ich kann sie fast noch hören, die hellen Kinderstimmen: "Blubbblubb, Blubbblubbb", und dann die feinen, langgezogenen, fast dröhnenden Klänge der Wal-Rippen-Rohre darüber und tief darunter, wie Walgesänge... Doch da höre ich noch etwas anderes, es muss etwas ganz Neues sein... Ein Stampfen und Wummern wie von Hufen von weit her. Eine Schildkröte kann es nicht sein; die ist immer leise, auch wenn sie noch so groß ist.
Heute, im Dezember 2015 kommt ein neues Wesen daher. Es wird seinen Auftritt 2016 im Stadtmuseum Siegburg haben. Ich lege mein Gesicht mit dem Ohr an die Erde und lausche: klar, vier Beine, ein Riese vermutlich. Ich rate: ein Säugetier (wie der Wal), aber jünger als der Wal und vor allem als die Schildkröte, die es schon vor 250 Millionen Jahren gab. Ich schätze mal, es kommt aus der Eiszeit. Im Stadtmuseum Siegburg findet man einen Oberschenkelknochen und Zeichnungen von diesem Tier, so wie man sie an Höhlenwänden gesehen hat. Es hat Stoßzähne und ein langes, wuscheliges, zotteliges Fell. Mehr verrate ich aber noch nicht... aber ich habe es ja doch schon verraten: Das Mammut kommt!
Ihr werdet davon hören.



KinderKunstKinder, das Schildkrötenprojekt im Sommer 2004
in der Bonner Altstadt

Altstadtpläne in den Schaufenstern

Eine junge Schildkröte zu Besuch
im Jugendwohnheim St. Herrmann-Josef

Walmusik im Wal, Sommer  2001


Der Fischchor

Fischumzug durch die Bonner Altstadt zum Spielplatz Heerstraße
hinter dem Frauen Museum zur Einweihung des Wals,
Sommer 2001


Banu vor dem Regenbogen auf dem Spielplatz Heerstraße,
der KinderKunstKinder-Sommer 2004


Wilde Matsch-Schildkröten

Kröten? Schildkröten bitte!

Erste KinderKunstKinder-Ausstellung
im Künstlerforum Bonn, Januar 2005

Die Fluke des Wals auf dem Dach des
Frauen Museums war sogar nachts beleuchtet

Der weiße Wal, 2001


Die bunt bemalte Wirbelsäule im Walbauch

Aus dem Wal-Projekt-Archiv: Bau des Wals


Altstadtpläne aus dem KinderKunstKinder-Archiv

Schildkröten- und Walmuseum,
Dezember 2015

Text und Fotos (c) Eva Wal
außer: Foto Walmusik, die Schildkröte im Jugendwohnheim
und Fotos von Lene Pampolha: Wal und Wal-Bau


Dokumentationen:
Walheimat, Kinder- und Jugendprojekt zur Ausstellung wegZiehen,
Katalog im Verlag Frauen Museum, Bonn, 2001, ISBN 3-928239-62-7
KinderKunstKinder, das Schildkrötenprojekt, interaktive CD-Rom, Bonn, 2005



Dienstag, 8. Dezember 2015

Ausstellung Baumwelten


Heute haben wir zusammen mit vielen Kinderkünstlern, Eltern und anderen Erwachsenen die Eröffnung der Ausstellung "Baumwelten" im Rahmen des Festivals "KinderKunstKinder" im Stadtmuseum Siegburg gefeiert.
Unsere Waldwesen sehen wirklich ziemlich wild aus... aber so ist es eben in der Natur, zumindest da, wo wir waren:

Unsere Wege im Lohmarer Stadtwald

Letzte Vorbereitungen: die Steckbriefe einiger
Waldwesen werden angebracht


Viele Fotos zum Workshop "Wald Wesen Wir" findest Du in den
Posts vom Oktober auf diesem Blog


Jetzt aber sind wir im Stadtmuseum Siegburg

Achmed sieht es so

Der erste neugierige und interessierte Besucher

Lina, Eva, Achmed und Ludwig Neuber aus Ruppichteroth

Unsere Nachbar-Künstler haben einen so tollen Baum gemacht


Kinderkünstler, Eltern, Freunde und das Begrüßungs-Komitee
vom Landrat des Rhein-Sieg-Kreises,
v.l.n.r: Neubürgerbeauftragter Ludwig Neuber,
Vize-Landrätin Notburga Kunert, Kreiskulturamtsleiter Rainer Land


Maria neben ihren zauberhaft zarten Waldwesen
und mit ihrem stolzen Papa




Die Künstler-Zwillinge Pano und Theo vor ihrem gefürchteten
Waldwesen "Dead": er lässt Moorleichen auferstehen




In diesen großen, hellen und besonders gebauten Ausstellungsräumen des
Stadtmuseums Siegburg stellen sonst bekannte Künstler und Künstlerinnen ihre Werke aus.
Aber unsere Waldwesen, die wunderbar bunten Baumbilder daneben und all die anderen
Sachen machen sich ebenso gut.
Wir können stolz sein!









Viele, viele schöne Ideen


Schaut Euch die Ausstellung im Stadtmuseum an: bis zum 20. Dezember!

Alle Infos auch unter: www.rhein-sieg-kreis.de/kinderkunstkinder

Presseartikel im General-Anzeiger Bonn:

http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/rhein-sieg-kreis/siegburg/grosse-buehne-fuer-junge-kreative-article1781887.html

Dienstag, 10. November 2015

Menschenskinder

Zur Ausstellung "Menschenskinder" am Arp Museum reisten wir von Herchen nach Rolandseck.
Sieben Schülerinnen des "KuMu"-Kurses der 8. Klassen am Bodelschwingh-Gymnasium in Herchen kamen zu diesem freiwilligen Angebot an einem Samstag mit.
In der Ausstellung "Menschenskinder - Kinderleben zwischen Wunsch und Wirklichkeit" stehen historische Gemälde der Kunstkammer Rau für Unicef zeitgenössischer Fotografie des Wettbewerbs Unicef-Foto des Jahres gegenüber.

Den ganzen Tag lang arbeiteten die Schülerinnen intensiv an ihren lebensgroßen Werken auf Papier. Jede suchte sich ein Bild der Ausstellung aus und schrieb einen Text dazu. Aus Sicht des abgebildeten Kindes oder in direkter Ansprache wurden seine Situation und Gefühle beschrieben. Zum Schluss wurde ein Wunsch oder mehrere Wünsche für das Kind formuliert.

Die Schülerinnen zeichneten nun gegenseitig ihre eigenen Körperumrisse auf ein Stück Papier aus einer Papierrolle und gestalteten die Figur mit Zeichnungen, Malerei und dem selbst geschriebenen Text.

Die (ausgesuchten) Bilder der Ausstellung:
Selin, Hannah und Cecilia entschieden sich für Fotografien von jungen Mädchen hinter den Kulissen von Laufstegen und Schönheitswettbewerben in Russland und den USA, darunter ein gerade mal zweijähriges "beautiful child" mit rosa Kleidchen, künstlichen Nägeln und Wimpern. Auf einem atmosphärischen schwarzweiß-Foto sieht man einen kahlen Baum vor Zelten stehen. Die Silhouette eines Jungen wächst gleichsam aus ihm hervor. "Immer wieder aussichtslos" liest man im Titel dieses Bildes aus einem Flüchtlingslager in Somalia, das Noémie auswählte. Luisa schreibt über einen anderen Jungen. Man sieht ihn nur von hinten auf dem Dach eines Zuges sitzen. Der Güterzug fährt in eine Nebelbank hinein; eine Metapher für die ungewisse Zukunft dieses Jungen, der wie so viele andere Kinder versucht, von Zentralamerika in die Vereinigten Staaten zu kommen, um seine Mutter wieder zu finden. All dies zeigt traurige Schicksale von Kindern, von Unsicherheit, Einsamkeit und Gewalt geprägte Realitäten, durch Kontinente und soziale Schichten hindurch. Wer kann sagen, was diese Kinder fühlen? Was sie sich wünschen, wonach sie sich sehnen? Und wer hilft dem elfjährigen, afghanischen Mädchen, das neben einem viel älteren Mann an ihrem Hochzeitstag abgebildet wird? Die Kinder kennen das Foto aus dem Erdkundebuch, kannten aber nicht den Titel: "Der Fluch der Zwangsehen". Kann es denn sein, dass dieses Foto um die Welt geht, das Mädchen aber seinem Schicksal überlassen wird? Alex hat sich getraut und sich dieses Mädchens in ihrem eindringlichen Text aus der Ich-Perspektive und in ihrem Bild angenommen.
Schön, dass dann Elisa ein Foto ausgesucht hat, auf dem ein Junge schwarzer Hautfarbe in einem südafrikanischen Township sich uns vor strahlend blauem Himmel in einer Balletthaltung mit Ballerinas an den Füßen präsentiert und dabei ein hoffnungsfrohes Lachen zeigt.

Die Ergebnisse wurden in der Schule im "KuMu-", also im Kunst- und Musikkurs den anderen Schüler/innen präsentiert. Dabei wurden die Texte vorgelesen und die dazugehörigen Bilder der Ausstellung aus dem Katalog gezeigt.

Die Fotogalerie unseres Ausflugs:


































































Fotos hauptsächlich von Hannah und Eva Wal

Werke, auf die sich die Arbeiten der Kinder beziehen:

Der Traum, berühmt zu werden, Ilana Panich-Linsman (Hannah)
Russland: Junge Schönheiten für die Laufstege der Welt, Anastasia Taylor-Lind (Selin)
Beautiful Child, Laerke Posselt (Cecilia)
Somalia: Immer wieder aussichtslos, Jan Grarup (Noémie)
Bound to El Norte, Don Bartletti (Luisa)
Der Fluch der Zwangsehen, Stephanie Sinclair (Alexandra)
Südafrika: Tanzen für eine bessere Zukunft, Per-Anders Petterson (Elisa)

www.arpmuseum.org